Strommarkt Schweiz einfach erklärt – Preisbildung, Merit-Order & Eigenverbrauch verstehen
Die Strompreise in der Schweiz schwanken stark – besonders in den Wintermonaten, wenn der Stromverbrauch steigt und die Stromimporte zunehmen. Für viele Verbraucher ist unklar, warum sich der Preis für eine Kilowattstunde plötzlich verdoppelt oder weshalb der Strommix zunehmend aus dem Ausland stammt.
Wer die Themen des Strommarktes versteht, kann gezielt handeln – sei es als Hausbesitzer, als Teil eines Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) oder als Unternehmen mit hohem Jahresverbrauch.
Hier erfahren Sie alle Fakten über den Strommarkt in der Schweiz: Wie er aufgebaut ist, wie die Merit-Order funktioniert, welche Rolle die Swissgrid, die Strombörsen und das Übertragungsnetz spielen – und wie Sie durch gezielten Eigenverbrauch, Lastmanagement oder Anbieterwahl konkret profitieren können.
Themen im Überblick
- Was ist der Strommarkt?
- Akteure im Schweizer Energiemarkt
- Wie funktioniert der Stromhandel in der Schweiz und Europa?
- Wie entsteht der Strompreis?
- Was bedeutet das für Hausbesitzer und Unternehmen konkret?
- Strommarkt Schweiz vs. EU – ein Vergleich
- Ausblick: Die Zukunft des Strommarkts
- Fazit: Wie Sie den Strommarkt für sich nutzen
- FAQ – Meist gestellte Fragen zum Thema
Was ist der Strommarkt?
Der Strommarkt umfasst alle Prozesse rund um die Erzeugung, den Handel, die Übertragung, die Verteilung und den Verbrauch von Strom. Ziel ist es, eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten und gleichzeitig wettbewerbsfähige Preise durch Marktmechanismen zu ermöglichen.
Die Preisbildung erfolgt über das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage – beeinflusst durch Faktoren wie Wetter, Kraftwerksverfügbarkeit, Netzbelastung und Importkosten.
In der Schweiz besteht der Strommarkt aus mehreren Teilmärkten:
- die regulierte Grundversorgung
- den freie Markt für Grossverbraucher
- sowie die Märkte für Regelenergie und Bilanzausgleich
Seit 2009 dürfen Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von über 100’000 kWh ihren Stromlieferanten frei wählen. Rund 40 % der benötigten Energie in der Schweiz wird heute im freien Markt beschafft. Die Liberalisierung für Haushalte ist geplant, aber noch nicht umgesetzt.
Akteure im Schweizer Energiemarkt
Wie funktioniert der Stromhandel in der Schweiz und Europa?
Der Stromhandel läuft über verschiedene Teilbereiche, in denen Strommengen für unterschiedliche Zeiträume gehandelt werden. Zentrale Handelsplattform ist die EPEX Spot, auf der der kurzfristige Stromhandel für die Schweiz, Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien und Luxemburg abgewickelt wird.
Die gehandelten Volumina im Day-Ahead-Markt betragen teils mehrere hundert TWh jährlich. Bei einer Day-Ahead-Auktion geben Erzeuger und Lieferanten ihre Angebote für jede Stunde des Folgetags ab.
Der Strompreis entsteht nach dem Merit-Order-Prinzip, wobei das letzte noch benötigte Kraftwerk die Marktpreise bestimmt. Im Intraday-Markt wird kurzfristig nachgesteuert, um Abweichungen zwischen Prognose und tatsächlichem Verbrauch auszugleichen.
Ergänzt wird der Handel durch:
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Bilanzkreise: zur stabilen Steuerung von Einspeisung und Verbrauch
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Regelenergie: aktiviert bei Netzschwankungen
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Swissgrid: betreibt das Übertragungsnetz und verantwortet das Ausgleichsenergiesystem
Die Schweiz ist fest in das europäische Verbundnetz eingebunden und handelt täglich Strom über die Landesgrenzen hinweg. 2023 importierte sie rund 31 TWh und exportierte etwa 25 TWh.
Diese Stromflüsse dienen der Versorgungssicherheit und dem Ausgleich saisonaler Unterschiede in der Stromproduktion.
Wie entsteht der Strompreis?
Die Preisbildung im Strommarkt erfolgt über das sogenannte Merit-Order-Prinzip. Stromerzeuger stellen ihre verfügbaren Kraftwerke nach aufsteigenden Grenzkosten bereit – also nach dem Preis pro produzierter Kilowattstunde:
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Erneuerbare Energien (Photovoltaik, Wind): fast keine variablen Kosten
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Laufwasser- und Kernkraftwerke: mittlere Kosten
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Gas- und Kohlekraftwerke: hohe Kosten, abhängig von Rohstoffpreisen
Der Strompreis ergibt sich aus dem teuersten Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage im Day-Ahead-Markt noch benötigt wird. Dieser Wert gilt dann für alle Abnehmer – unabhängig vom eigentlichen Strommix. Das führt zu Preissprüngen, wenn günstige Erzeuger nicht ausreichen.
Was bedeutet das für Hausbesitzer und Unternehmen konkret?
Durch den Einsatz einer Photovoltaikanlage können Sie sich zunehmend vom volatilen Strommarkt entkoppeln und vor Risiken schützen. Durch Eigenverbrauch nutzen Sie den erzeugten Solarstrom direkt und reduzieren Ihren Bezug aus dem öffentlichen Netz.
Ihre Vorteile als Hausbesitzer
- Senkung der Stromkosten auf unter 0.15 CHF/kWh
- Schutz vor schwankenden Marktpreisen und externen Stromlieferanten
- Teilnahme an einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) zur Optimierung des Verbrauchs
- Langfristige Versorgungssicherheit und Wertsteigerung der Immobilie
Beispiel: Ein typisches PV-System mit 10 Kilowatt-Peak produziert rund 10’000 kWh pro Jahr. Damit können je nach Verbrauchsprofil etwa 30–50 % des Jahresverbrauchs gedeckt werden. Mit Speicherlösungen steigt die Eigenverbrauchsquote auf über 70 %.
Ihre Möglichkeiten als Unternehmen
- Ab einem Jahresverbrauch von 100’000 kWh: Zugang zum freien Markt
- Nutzung von Spotmarktpreisen, dynamischen Tarifen und Bilanzkreis-basiertem Lastmanagement
- Integration von Stromerzeugung, Speichern und Peak-Shaving
- Reduktion der Stromkosten um bis zu 30 % durch gezielte Angebotsvergleiche und eigene Leistung bei der Stromerzeugung
Der Schlüssel liegt in der intelligenten Verbindung von Erzeugung, Verbrauch und Marktmechanismen – abgestimmt auf Ihre Betriebsstruktur.
Strommarkt Schweiz vs. EU – ein Vergleich
Im europäischen Strombinnenmarkt ist die Liberalisierung weit vorangeschritten. In Ländern wie Deutschland, Österreich oder Frankreich können Endverbraucher ihren Stromlieferanten frei wählen.
In der Schweiz hingegen gilt für Haushalte weiterhin die Grundversorgung mit regulierten Preisen – eine vollständige Öffnung wird frühestens ab 2028 erwartet.
Im Vergleich hinkt die Schweiz in puncto Marktzugang, Wettbewerb und Integration in europäische Strommärkte hinterher. Dennoch ist sie technisch eng eingebunden: über die Swissgrid, zahlreiche Leitungen im Verbundnetz und die Teilnahme an der EPEX Spot.
Die Schweiz übernimmt auch Regelungen zur Preisbildung, Regelenergie und Bilanzkreisführung analog zur EU.
Unterschiede im Überblick
Trotz politischer Trennung bleiben die Energiewirtschaft und das Stromnetz der Schweiz ein zentraler Teil des europäischen Stromhandels – mit täglich grenzüberschreitenden Stromflüssen und gemeinsamer Versorgungsstrategie.
Ausblick: Die Zukunft des Strommarkts
Die Stromwirtschaft steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Digitalisierung, Klimaziele und geopolitische Entwicklungen verändern die Rahmenbedingungen für Erzeuger, Verbraucher und Netzbetreiber.
In der Schweiz stammten 2023 rund 76 % des Strommix aus erneuerbaren Energien – vor allem Wasserkraft, aber zunehmend werden auch Photovoltaik und Windkraft.
Ziel des Bundes: Eine vollständig klimaneutrale Stromversorgung bis 2050, die ausschließlich aus erneuerbaren Quellen stammt.
Technologische Entwicklungen
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Smart Meter schaffen Transparenz im Verbrauch und ermöglichen dynamische Tarife
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Digitale Plattformen koordinieren Stromerzeugung, Speicherung und Lastmanagement
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Automatisierte Regelenergie-Systeme stabilisieren Netze in Echtzeit
Chancen für Verbraucher
- Teilnahme an lokalen Strommärkten (z. B. via ZEV oder Peer-to-Peer-Handel)
- Echtzeitsteuerung des Verbrauchs in Verbindung mit dynamischen Marktpreisen
- Integration von E-Mobilität und Heimspeichern zur Optimierung des Eigenverbrauchs
Die zukünftige Versorgung wird dezentraler, vernetzter und stärker am Verhalten der Endverbraucher orientiert sein. Wer früh investiert, profitiert langfristig – durch niedrigere Energiekosten, höhere Unabhängigkeit und aktive Mitgestaltung am Energiesystem der Zukunft.
Fazit: Wie Sie den Strommarkt für sich nutzen
Der Strommarkt in der Schweiz ist komplex – doch wer seine Mechanismen kennt, kann aktiv profitieren. Ob Preisbildung nach dem Merit-Order-Prinzip, der Handel an der EPEX Spot, oder die Rolle von Swissgrid im Übertragungsnetz: Wer versteht, wie Angebot, Nachfrage und Regelenergie zusammenspielen, gewinnt Handlungsspielraum.
Für Hausbesitzer bietet die Kombination aus Photovoltaik, Eigenverbrauch und Stromspeicher eine konkrete Möglichkeit, langfristig Kosten zu senken – unabhängig von Schwankungen am Spotmarkt oder bei Stromlieferanten. Wer zusätzlich Teil eines Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) wird, nutzt das volle Potenzial des eigenen Dachs.
Unternehmen mit hohem Jahresverbrauch profitieren vom Zugang zum freien Markt: durch dynamische Tarife, gezielten Stromeinkauf und die Integration eigener Erzeugungskapazitäten. Das senkt nicht nur Kosten, sondern stärkt auch die Erfüllung von ESG-Zielen.
Mit Blick auf die Strommärkte Europas ist klar: Die Schweiz ist trotz begrenzter Liberalisierung technisch und wirtschaftlich eng vernetzt. Die Zukunft liegt in einer dezentralen, flexiblen und verbrauchernahen Stromversorgung – und genau hier liegt Ihre Chance.
FAQ – Meist gestellte Fragen zum Thema
Was ist der Unterschied zwischen Strom-Grundversorgung und freiem Markt?
In der Grundversorgung erhalten Sie Strom vom lokalen Anbieter zu festen Tarifen. Im freien Markt können Sie Ihren Stromlieferanten selbst wählen.
Wie funktioniert die Preisbildung im Strommarkt?
Der Preis richtet sich nach dem teuersten Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage nötig ist – das nennt man Merit-Order-Prinzip.
Was bringt mir eine PV-Anlage bei diesen Strompreisen?
Auch bei Bewölkung wird Strom produziert – nur weniger. Der Netzanschluss gleicht Schwankungen aus.
Lohnt sich Eigenverbrauch bei hohen Strompreisen in der Schweiz?
Ja. Mit einer eigenen Photovoltaikanlage und Speicherlösung können Sie Ihre Stromkosten auf unter 0.15 CHF/kWh senken. Das macht Sie weniger abhängig vom volatilen Strommarkt und schützt vor steigenden Strompreisen – besonders in den Wintermonaten.
Wie trägt der Strommarkt zur Förderung erneuerbarer Energien bei?
Erneuerbare Energien wie Solar- und Windstrom haben sehr niedrige Erzeugungskosten und werden im Strommarkt vorrangig eingespeist. Über die Merit-Order senken sie den Marktpreis und erhalten Zugang zur Strombörse – das fördert ihren Ausbau.
Gründer und Geschäftsführer der solarmotion ag.
Seit über 14 Jahren begleitet Stefan Merz Hausbesitzer und Unternehmen auf dem Weg zu einer unabhängigen und nachhaltigen Energiezukunft. Als erfahrener Energieexperte setzt er auf individuelle Lösungen mit Fokus auf Eigenverbrauch, Wirtschaftlichkeit und technische Zuverlässigkeit.
Sein Antrieb: Die Energiewende greifbar machen – mit ehrlicher Beratung, hochwertigen Komponenten und einem starken Team. Unter seiner Leitung hat die solarmotion bereits über 1000 Projekte erfolgreich realisiert.